Unterwegs mit Leonie & Heinz Frese

 

 

Hunsrück - unverhofft kommt oft

 

Osterritt 06. - 09.04.2012

 

 

 

Ja,  ist denn schon wieder ein Jahr vorbei? In ein paar Wochen ist Ostern und wieder steht ein Reiturlaub mit unseren zwei  Pferden an.

 

Diesmal wollen wir in den Hunsrück, den wir noch nicht kennen. Zu weit wollen wir vom Ruhrgebiet nicht fahren und suchen uns ein Ziel aus, das auch bei "Hunsrück zu Pferd" Mitglied ist. Die Pension liegt etwa 400 m vom Pferdehof entfernt und arbeitet mit ihm zusammen. Die Lage scheint uns wirklich ideal. Das Dorf ist umgeben von Wald in leicht hügeligen Gelände. Eine Anfrage an die Pension, die machen uns einen guten Preis für 3 ÜN/HP. Jetzt nur noch die benachbarte Ranch erreichen und 2 Boxen reservieren. Pustekuchen! Alle Boxen belegt. Die Weidesaison hat noch nicht begonnen. Na, halb so schlimm. Im Ort ist ja noch ein Zuchthof. Und dort angerufen … leider die gleiche Antwort. Na sowas. Es gibt im Nachbardorf noch ein kleines Gestüt, dort angefragt und eine Zusage bekommen. Die Boxen seien zwar besetzt, aber ein Gartenhäuschen mit Paddock für die Tiere ist machbar, müsse aber noch leergeräumt werden.

 

Karfreitag. Es ist soweit. Die Reise geht über 220 km und inklusive einer Stunde Stau. Nachdem wir die Autobahn verlassen haben rufe ich vom Handy, wie vereinbart, die Pferdeadresse an, um Bescheid zu sagen, daß wir gleich ankommen. „ Hmm, Äh…….. Sie sind auf dem Weg zu uns?? Das ist jetzt ganz schlecht, wir haben es nämlich nicht geschafft das Häuschen freizumachen. Zu uns können Sie leider nicht kommen.“ Ich glaub ich bin im falschen Film. "Na klar befinden wir uns auf dem Weg zu Ihnen. Es war doch so abgemacht." Die Dame schlug uns vor, im Reitverein in Kastellaun 2 Boxen zu beschaffen. Darauf hatte ich wiederum keine Lust, weil ich keine Stadtnähe wollte und die Pferde nahebei sein sollten.

 

Unterdessen erreichten wir unseren Urlaubsort Laubach. Kurzerhand fuhren wir am örtlichen Trakehnerzüchter vor und schilderten unser Dilemma. Der sagte netterweise: "Wo ein Wille, da ein Weg". Hinterm Kuhstall habe er noch 2 ältere Ställe, "die könnt ihr bekommen. Nehmt Euch was Ihr braucht." Glück muß man haben.

 

Ausgeladen und noch einen schönen Ausritt gemacht. Drei Stunden abwechselnd zwischen Wald und Feld. Jede Menge klarer Bäche und viele Gehöfte mit Mühlennamen. Nachdem wir die Pferde versorgt haben, fahren wir zur Pension, die am Waldrand liegt und deren Grundstück - inklusive einer von Bäumen bewachsenen Wiese - durch eine Hecke und zwei Bächen eingefaßt wird.

 

Abends beim Fischessen erzählten wir unsere Erlebnisse den netten Wirtsleuten. Diese meinten, eigentlich hätten wir Ihre Wiese auch benutzen können. Unverhofft kommt oft!

 

Karsamstag. Der erste Tag war gut überstanden. Nach dem Frühstück legen wir wieder los. Wir reiten in den Wald hinein. Abholzung ist nicht nur ein Thema bei uns zu Hause. Der Wald ist auch nicht mehr, der er mal war. Nicht nur am Waldrand sondern auch in ihm sind Windräder gebaut worden. Die Zufahrten sind mit Schottersteinen  aufgeschüttet, eine Schotterautobahn. Schöne Wege sind eher Mangelware. In diesem Wald verläuft jedoch ein Premiumweg, der Klingelflöß, auf naturbelassen Wegen. Das ist ein Highlight. Wir verlassen ihn an einem Ortsteil, der Kloster heißt und wo ein Tränkebecken ständig durch einen Wasserstrahl gespeist wird. Unser Haflinger Falco ist mißtrauisch und wagt sich nicht heran, die Spritzer behagen ihm nicht. Dann ist wohl der Durst noch nicht groß oder ein Bach angenehmer.

 

Wir befinden uns auf einem langgezogenen Bergrücken. Obenauf Wald, an den Seiten Wiesen und Äcker. Am Waldrand befindet sich gerade ein Windrad im Aufbau, ein riesiger Kran parkt nebenan. Die XXL-Dimensionen begreift man erst, wenn man daneben steht. Gesagt, getan. Unsere Pferde wären in dieser Gelassenheitsprüfung durchgefallen. Doch für Fotos hat es gereicht. Als wir die Baustelle verlassen, ertönt  kurz eine Sirene, eine Lichtschranke soll vor Diebstahl schützen.

 

Nach einigen Graspausen und im Zickzackkurs reiten wir anschließend in der freien Landschaft und überqueren kleine Bäche. Einige Stunden sind wir schon unterwegs. Wo wir wohl gerade sind? Mitten im Irgendwo steht einsam eine große, verfallene Hausanlage. Eine verwilderte Wiese, mit kleineren Geräten drauf, die sich als Minigolfanlage entpuppt, daneben eine Schlangengrube, auch Swimmingpool genannt. Neugierig gehen wir um die Häuser herum. Die Fenster und Türen sind zerstört, das Glas zerscheppert. Kleine Bäume wachsen aus dem Eingang. Unten am Hang steht das Untergeschoß offen. Was macht denn hier ein Discoraum, ein Whirlpool und eine geflieste Schwimmhalle, so groß wie eine kleine Reithalle? Wir können nicht widerstehen und schauen uns um. Eine große Treppe führt nach oben in eine Gaststätte, wo noch eine Theke und Holzbänke im Müll eingebettet sind. Nachdem die Besichtigung der Parterre abgeschlossen ist, zieht es uns in die ehemaligen Gästezimmer. Schließlich finden wir noch 10 Jahre alte  Prospekte verstreut, die für dieses Seniorenhotel werben. Ein Exemplar sichern wir uns und über die Anschrift finden wir auf unserer Wanderkarte ohne Probleme unseren Standort und den Heimweg.

 

Am Abend fahren wir noch mit dem Auto nach Simmern zum Eisessen und den Schinderhannesturm zu besichtigen. Die Innenstadt jedoch ist wie leergefegt. Aber, alle zu sehenden Personen laufen in eine Richtung. Wir gehen hinterher und erreichen eine alte Kirche, die bis auf den letzten Platz gefüllt ist. Die nächtliche Ostermesse beginnt. Alles ist dunkel. Die Osterkerzen werden angezündet und erhellen stimmungsvoll die Kirche. Die Atmosphäre ist beeindruckend. In dieser Messfeier erleben wir auch noch zwei Taufen mit. Nach zwei Stunden ist dieses Ereignis abgeschlossen und die anwesende Gemeinde zu einem mitternächtlichem Umtrunk eingeladen. Da müssen wir zum ersten Mal passen, denn um 8 Uhr haben wir unser Frühstück bestellt.

 

Ostersonntag. Wir schauen verwundert. Es hat leicht geschneit. Nach dem ausgiebigen Frühstück ist alles geschmolzen. Das Wetter wird klar und schön, der Himmel blau, jedoch kalter Wind.

 

Vom Stall aus führen breite Wiesenwege entlang der Äcker und Straßen bis in die Wälder. Diese Wiesenwege sind außerdem miteinander vernetzt, somit wunderbar zu bereiten. So führt uns unser Weg nach Norden Richtung Kastellaun, wo es eine Burg gibt. Allerdings in der City. Bei unseren Ritten versuchen wir jeglichen Verkehr oder Bebauung zu umgehen, so wie der Teufel das Weihwasser. Über die Grasstreifen reiten wir in den Wald und finden einige schöne Wege und kreuzen den Burgstadtpfad, der zu den Traumschleifen gehört. Solche naturbelassenen Pfade wünscht man sich öfter. Außerdem sind an tollen Aussichtspunkten besondere Bänke, mit Liegestuhlfeeling aufgestellt. Einmal benutzt und man kommt nicht mehr hoch.

 

Keine Zäune versperren die Wege. Es macht Spaß! So ist vielseitiges Reiten möglich. Dort wo wir sind, dem Hunsrückplateau, ist es leicht hügelig. Selbst für relativ untrainierte Tiere und Menschen wenig anstrengend. Jedoch bestimmen eine große Anzahl von Windrädern das Landschaftsbild.

 

Die Gegend Richtung Hasselbach und den umliegenden Dörfern wird ruhiger, es begegnen uns kaum Leute. In Alterkülz fällt mir ein Glockentürmchen auf. Bei uns sitzt ein Hahn, dort aber ein steigender Ziegenbock auf der Spitze. Solche Kleinigkeiten fallen allenfalls Wanderreitern auf. Die Entdeckung der Langsamkeit. Es geht Heim zum Stall. Wir sind schon den ganzen Tag unterwegs. Müde, Hungrig, Durstig - ist dies das Leben eines Wanderreiters? Irgendwie schon, aber trotzdem - SCHÖÖÖN -

 

... Und wenn sie nicht gestorben sind,

... dann reiten sie noch heute.

 

 

Viel Spaß mit Euren Pferden und Ponys wünschen 

 

Leonie und Heinz Frese

 

12.Mai 2016, Autor: Leonie Frese, Redaktion: Gabriele Eichenberger